Perfektionismus oder wie ich meinen Teufelskreis durchbrach

Heute widme ich mich einem Thema, das mich selber lange Zeit beschäftigt und auch echt unglücklich gemacht hat: mein Perfektionismus. Vorab möchte ich sagen, dass ich Perfektionismus nicht generell „schlecht“ finde. Ich denke, es ist durchaus gut, wenn man sich bei dem, was man tut Mühe gibt und sich anstrengt, um ein zufriedenstellendes Resultat zu erreichen. Das zeigt ja eigentlich auch nur, wie wichtig einem diese Sache ist. Schwierig wird es allerdings – wie bei allen anderen Dingen im Leben auch- wenn man es mit dem Perfektionismus übertreibt, sprich wenn der Anspruch an sich selbst und die daraus resultierende negative Kritik an der eigenen Person überhandnimmt.

© Melanie Hänel

Und genau das war lange Zeit mein absolutes Lieblingshobby. Besonders in den ersten Monaten meines Mamaseins. Damals war ich richtig gut darin, mich selber in Gedanken fertig zu machen. Ich hatte sehr hohe Erwartungen an mich als Mama, die ich meiner Meinung nach nie erfüllt habe. Jeden Abend lag ich im Bett und habe den Tag Revue passieren lassen. Dabei konzentrierte ich mich aber immer nur auf die Dinge, die nicht gut gelaufen waren. Etwas anderes existierte in meinem Kopf gar nicht. Ich habe mir immer viele Vorwürfe gemacht und mich selber unter Druck gesetzt, alles am nächsten Tag gleich viel besser (oder am liebsten natürlich perfekt) zu machen. Und rate mal, was passiert ist? Genau, auch am nächsten Tag war ich (in meiner Wahrnehmung) nicht die perfekte Super- Mama. Und am übernächsten auch nicht und auch nicht am überübernächsten. Also jedes Mal wieder eine prima Gelegenheit, den eigenen Kritiker hervorzuholen. Es war ein klassischer Teufelskreis! Die gute Nachricht direkt vorweg: Ich habe ihn durchbrochen. Und ich möchte dir auch gerne erzählen, wie ich das geschafft habe.

  • Zum einen habe ich meine Erwartungen an mich selbst hinterfragen (darüber habe ich bereits hier ausführlich geschrieben)
  • und zum anderen habe ich mir meine negativen Gedanken immer wieder bewusst gemacht.

Letzteres ist am wichtigsten, denn nur so ist es möglich, die alten Automatismen zu durchbrechen und sich quasi ein anderes Denkverhalten anzutrainieren. Denn wir alle denken in jedem Moment des Tages irgendetwas. Dieses Gedankenrauschen abzustellen ist sehr schwierig. Mir persönlich gelingt das nur kurzzeitig in der Meditation (und selbst da fällt es mir noch schwer). Aber wenn ich schon denken muss, dann möchte ich wenigstens selbst darüber bestimmen, wie und was ich denke! Also habe ich mich ganz bewusst mit meinen Gedanken beschäftigt und sie zunächst einfach nur beobachtet.

© Melanie Hänel

Dabei ist mir aufgefallen, wie negativ sie waren und wie schlecht es mir deswegen geht. Ich war schlicht und einfach wirklich nicht sehr nett zu mir. Und nicht nur das, ich war sogar sehr ungerecht. Denn natürlich lief nicht alles optimal bei uns, aber es war auch nicht alles schlecht. Also habe ich angefangen, mich mehr auf die Sachen zu konzentrieren, die gut gelaufen sind. Ich klopfe mir inzwischen abends selber auf die Schulter und bin stolz auf alles, was ich hier in unserem ganz normalen Familienalltagswahnsinn tagtäglich leiste. Denn inzwischen weiß ich, dass ich in jeder einzelnen Sekunde mein Bestes gebe und mehr geht einfach nicht. Ich wusste schon immer, dass ich nicht perfekt bin, dachte aber, das sei ein Problem. Nun weiß ich, dass ich es nie sein werde und auch nicht sein möchte. Nimm das Perfektionismus, du ewiger Kritiker! Ich bin fertig mit dir. Ein wirklich schönes und befreiendes Gefühl. Hätte ich mal eher drauf kommen sollen… halt, das war ja schon wieder Kritik an mir selbst. Nehme ich sofort zurück und denke noch einmal neu: ich bin froh, dankbar und stolz, dass ich es geschafft habe, meine Gedanken über mich selbst ins Positive zu wandeln. Hut ab vor mir selbst! (Na also, geht doch!)

Natürlich gibt es auch jetzt immer noch Situationen mit den Kindern, die ich in Zukunft anders angehen möchte. Aber ich gehe jetzt ganz anders damit um. Ich analysiere die Situation neutral – d.h. ohne mich selbst kritisch bzw. negativ zu bewerten – und überlege, warum sich die beteiligten Personen so verhalten haben. Ich bringe also Verständnis für alle auf, auch (oder gerade) für mich! Und dann schaue ich, welche alternativen Verhaltensweisen zukünftig in solchen Situationen hilfreich wären und probiere es einfach aus. Am Ende heißt es für mich das Vergangene loszulassen, dankbar zu sein, für alles, was ich daraus lernen durfte und zukünftig neue Wege zu gehen. Und es macht mir unglaublich viel Spaß, mich auf diese Art ständig weiter zu entwickeln, ganz ohne Druck und Selbstbestrafung.

Erkenntnis des Tages: Sei nett zu dir.

Schenk dir selber dein schönstes Lächeln und hab einen wundervollen Tag!

Deine Franka