Geduld oder wenn der Faden reißt

Der heutige Beitrag beschäftigt sich mit einem Thema, das viele Mamas nur zu gut kennen: Geduld. Wobei ich dazu sagen muss, dass diese an sich natürlich nicht das Problem ist, im Gegenteil. Es ist der Mangel an Geduld, der mir das Leben als Mama oft schwer macht. Schon in meiner ersten Schwangerschaft wünschten mir alle Bekannten für das Kommende viel Geduld. Heute weiß ich, wieso. Aber was bedeutet geduldig sein genau? Für mich heißt es:

  1. Ruhig abwarten können bzw. es aushalten können, wenn das Kind nicht so reagiert wie erwartet oder für etwas länger braucht als gedacht.
  2. Nachsichtig mit mir selbst sein und mir alle Zeit zuzugestehen, die ich brauche, um mein Verhalten gegenüber meinen Kindern zu ändern, wenn ich damit unzufrieden bin.

Beides sagt bzw. tippt sich leicht, ist aber in der Umsetzung umso schwerer. Da ich von Natur aus mit einem wirklich kurzen Geduldsfaden ausgestattet wurde, gibt es da noch viel Luft nach oben. Glücklicherweise haben meine Kinder das sofort erkannt und fördern mich diesbezüglich täglich. Vor allem der Endgegner ist Meister darin, den Faden bis aufs Äußerste zu strapazieren. Dank ihm, hat mein Geduldsfaden auch schon einiges an Elastan dazu bekommen.

Ehrlicherweise muss ich aber gestehen, dass manchmal auch der erhöhte Anteil an Elastizität nicht reicht. Wenn wieder einmal einer dieser Tage ist, an dem nichts so funktioniert wie geplant – und ich plane liebend gerne – , wenn die Kinder sich keine 30 Sekunden alleine beschäftigen können oder sich den ganzen Tag nur streiten, dann verabschiedet sich mein Geduldsfaden meist schneller als gewollt mit einem lauten Reißen. Der Frust und die Wut müssen mal kurz raus und ich sage den beiden, was mich gerade alles an ihrem Verhalten nervt. Und weißt du was? Mir geht es danach viel besser und ich finde das (inzwischen) auch völlig in Ordnung so.

© Melanie Hänel

Früher habe ich gedacht, eine gute Mama muss immer geduldig sein. Immer nachsichtig mit den Kindern, immer beherrscht, immer ruhig. Heute denke ich, dass das unmöglich und unnatürlich ist. Kein Mensch der Welt ist immer nur geduldig und gut drauf. Das wissen auch schon kleine Kinder und kennen es von sich selbst auch nicht anders. Sie sind selbst oft frustriert, weil sie etwas noch nicht schaffen oder die Großen sich nicht so verhalten, wie sie es sich wünschen. Das funktioniert nämlich wunderbar in beide Richtungen und auch den Kleinen reißt der Geduldsfaden verdammt schnell. Das weiß jeder, der schon einmal gesehen hat, wie ein dreijähriges Kind versucht, alleine den Reißverschluss seiner Jacke zu schließen. Die landet schneller in der Ecke als ich „Geduld“ sagen kann, gefolgt von einem bühnenreifen Tobsuchtsanfall.

Wenn also jemand durch und durch authentisch ist, dann ist es ein Kind. Kinder verstellen sich nicht, um anderen zu gefallen. Kinder machen nur, worauf sie Lust haben. Kinder wehren sich, wenn sie etwas nicht machen möchten. Kurz, Kinder verhalten sich so, wie es sich für sie gut anfühlt. In dieser Hinsicht können wir Erwachsene noch viel von den Kleinen lernen. Meine Mäuse wissen, dass meine Grenze erreicht ist, wenn ich mal kurz laut werde. Ich erkläre es ihnen auch genau so. Es hat nichts mit ihnen persönlich zu tun, es geht in dem Moment um mich und darum, dass es mir gerade zu viel ist. Und soll ich dir etwas verraten? Meine Kinder kommen prima damit klar. Und sie backen dann immerhin für die nächsten zehn Minuten kleinere Brötchen, sodass ich kurz verschnaufen kann. Für mich ist das der Moment die Situation zu reflektieren. Ich stelle mir jedes Mal die Frage: Hätte ich auch anders reagieren können? Die nächste Gelegenheit zu üben kommt sicher innerhalb der folgenden 15 Minuten. Dann heißt es wieder, geduldig sein mit den Kleinen, solange sich das gut anfühlt. Und geduldig sein mit mir selbst.

Fazit: Eine Mama sollte vor allem immer authentisch sein. Nur so können die Kinder die Situation einschätzen und sich auch entsprechend verhalten. Und sie fühlen sich selber auch verstanden, wenn sie einmal wütend und frustriert sind. Wenn wir unsere Gefühle zulassen und aussprechen, zeigen wir unseren Kindern, dass jedes Gefühl seine Berechtigung hat und heißen es willkommen.

Erkenntnis des Tages: Authentisch sein tut gut.

Ich wünsche dir heute einen möglichst elastischen Geduldsfaden und besonders viel Geduld mit dir selbst!

Deine Franka