Wut oder meine Grenze ist erreicht
Im letzten Beitrag habe ich dir erzählt, wie ich reagiere, wenn meine Kinder wütend sind. Heute soll es endlich mal wieder nur um mich gehen. Um mich, meine Gefühle, meinen Weg mit meinen Emotionen umzugehen. Wird auch endlich mal wieder Zeit. Das Ego in mir klatscht laut Beifall und entkorkt die Sektflaschen. Jetzt bin ich dran. Endlich stehe ich wieder im Rampenlicht. Gut, was war nochmal das Thema? Genau, Wut. Dabei stellt sich sofort die Frage, ob ich als Mama überhaupt wütend auf meine Kinder sein darf?!
Diese Frage beantworte ich für mich mit einem dicken, fetten und klaren: JA!
Wichtigste Info gleich vorne weg: Mamas sind als erstes auch nur Menschen. Eine wirklich hilfreiche Erkenntnis für mich. Wir sind tatsächlich keine Über- Menschen ohne Emotionen oder Belastungsgrenze. Wird von unseren Kindern und dem Umfeld hin und wieder aber angenommen oder erwartet. Grober Fehler. Kann man gar nicht oft genug betonen, dass dem NICHT so ist.
Und als ganz normaler Mensch, der zudem noch Mama ist, werde ich wütend. Wütend auf meine Kinder, weil sie Dinge tun, die sie nicht tun sollen. Wütend auf meine Kinder, weil sie Dinge nicht tun, obwohl sie sollen. Da reicht bei mir je nach Tagesform manchmal schon die kleinste Kleinigkeit und ich werde sauer.
In diesen Momenten beschäftigt mich oft die Frage: Wie kann ich mit meiner Wut umgehen, sodass ich meine Emotion nicht unterdrücken muss und dennoch die Beziehung zu meinen Kindern nicht leidet?
Darauf eine Antwort zu finden, ist gar nicht so leicht. Ich versuche dann Folgendes:
- Ich sage meinen Kindern immer, dass ich mich gerade über ihr Verhalten ärgere. Nicht über sie als Person. Das ist nämlich ein großer Unterschied. Ich versuche in dem Zuge auch Formulierungen mit „Du bist…!“ zu vermeiden, sondern sage stattdessen „Du hast… gemacht/ nicht gemacht und das ärgert mich.“ Wenn ich Kritik so äußere, können meine Kinder sie in der Regel gut annehmen. Und es beeinträchtigt unsere Beziehung nicht. Sie wissen, dass ich sie als Person immer lieb habe. Da können sie so viel Blödsinn machen, wie sie wollen. An meinen Gefühlen für sie ändert das nichts.
- Ich glaube, dass es wichtig ist, die Wut nicht zu unterdrücken, sondern ernst zu nehmen und auch angemessen zu äußern. Manchmal kann ich das nicht sofort. Ich bin dann so angetriggert, dass ich erst einmal kurz rausgehe, um einen Moment tief durchzuatmen. So bekomme ich die Kontrolle über diese starke Emotion zurück und kann in Ruhe überlegen, wie ich reagieren möchte (und ja- man hat immer die Wahl!). Manchmal schaffe ich das aber eben auch nicht und werde laut. So kann ich meine Wut tatsächlich am besten raus lassen. Meine Kinder wissen das. Wenn ich mich abgeregt habe, suche ich immer direkt das Gespräch. Ich erkläre ihnen, was mich wütend gemacht hat und was mir geholfen hat, die Wut wieder loszuwerden. Es ist erstaunlich wie viel Verständnis schon kleine Kinder für uns Große aufbringen können.
Genau darüber habe ich bereits im ersten Teil geschrieben. Denn die Wut kommt nicht grundlos. Weder bei den Kindern, noch bei mir. Die Wut kommt, wenn etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist. Sie möchte mitteilen, dass es jemandem gerade nicht gut geht. Dass eine Grenze überschritten wurde. Wut möchte gesehen und gehört werden. Hinter Wut steckt ein großer Wunsch nach Kommunikation und Wertschätzung. Wut möchte also vom Gegenüber verstanden werden. Daher bringe ich immer Verständnis für mich auf, wenn ich wütend bin. Ich schaue genau hin, was die Wut ausgelöst hat, welches Bedürfnis ihr zugrunde liegt. Und dann nehme ich sie dankbar als Hinweis an, dass meine Grenze gerade erreicht ist und ich mich mehr um mich kümmern muss. Vielleicht kann ich mir eine kleine Auszeit gönnen? Etwas nur für mich tun? Einen Moment aus dem Alltagstrott mit all seinen Verpflichtungen und Herausforderungen ausbrechen?
Und wie immer reflektiere ich meine Reaktion für mich auch noch einmal. Manchmal fühle ich mich hinterher schlecht, weil ich mich nicht so gut unter Kontrolle hatte wie ich es mir gewünscht hätte. Dann vergebe ich mir und nehme mir anschließend vor, es beim nächsten Mal – und das lässt sicher nicht lange auf sich warten- anders zu machen bzw. eine andere Reaktion zu wählen. Denn auch das kann man natürlich wie alles andere üben und verändern, wenn man denn möchte und sich ganz bewusst mit sich selbst auseinandersetzt. Manchmal komme ich zu dem Schluss, dass es für die Situation aus meiner Sicht auch in Ordnung war, energischer zu werden und dann schließe ich meinen Frieden damit und lasse es los.
Früher dachte ich, meine Wut ist nicht okay. Irgendetwas stimmt mit ihr nicht. Und ich muss daran arbeiten, dass sie nicht so oft in Erscheinung tritt. Heute nehme ich sie dankbar als Warnsignal an und übe weiter Tag für Tag, entspannter auf sie zu reagieren. Für mich und meine Kinder.
Fazit: Inzwischen mag ich meine Wut. Sie wahrt meine Grenzen. Sie schützt mich davor, mich selbst zu viel in den Hintergrund zu stellen. Sie steht für mich ein. Sie macht mich zum Menschen.
Erkenntnis des Tages: Meine Wut hilft mir, auf mich aufzupassen.
Solltest du also heute auch wütend sein, schau genau hin und nimm deine Wut als Anlass, dir etwas Gutes zu tun!
Deine Franka