Bedingungslose Liebe oder das größte Geschenk

Wenn es eins gibt, das die Beziehung zwischen Eltern und Kind ausmacht, so ist es die bedingungslose Liebe, die beide Seiten von Anfang an füreinander empfinden. Ich glaube, alle Eltern können sich daran erinnern, wie sie sich gefühlt haben, als sie ihr Baby die ersten Male im Arm gehalten haben. An diese wirklich magischen Momente voller Zauber, Staunen, Dankbarkeit, Freude und Liebe, die für mich mit nichts anderem vergleichbar sind.

Aber was ist an dieser Art der Liebe so besonders?

Natürlich habe ich auch vor der Geburt meiner Kinder Liebe für andere Menschen empfunden. Dennoch kenne ich persönlich kein intensiveres Gefühl als meine Liebe zu meinen Kindern. Sie waren in der Schwangerschaft ein Teil von mir und werden es gefühlt auch immer bleiben. Ich liebe sie bedingungslos. Das bedeutet für mich, dass sie nicht erst irgendetwas „tun“ oder „leisten“ müssen, um sich meine Liebe zu verdienen. Im Gegenteil. Es bedeutet, dass ich sie liebe, auch wenn sie sich nicht so verhalten, wie ich es mir wünsche oder vorstelle.

© Melanie Hänel

Und genau das ist die große Kunst. Denn unsere Kinder erfüllen nicht immer unsere Erwartungen. Darüber habe ich bereits ausführlich geschrieben. Ich habe mich auch schon darüber ausgelassen, dass das völlig in Ordnung so ist. Rational habe ich das also verstanden und stehe auch immer noch hinter meiner Aussage. Das Ganze emotional umzusetzen ist aber viel schwerer. Denn unsere Kinder sind uns zwar in mancher Hinsicht ähnlich, in mancher aber eben auch gar nicht. Die Ähnlichkeiten kann man in der Regel gut annehmen. Wir unterscheiden hier – wie bei fast allem im Leben- in „gut“ und „schlecht“. Alles, was in die Kategorie „gut“ fällt, kann man voller Stolz auf die eigenen Gene einfach fröhlich abhaken. Alles, was „schlecht“ ist, freut uns vielleicht nicht, aber wir können immerhin Verständnis aufbringen, da wir es von uns selber kennen. Und im besten Fall haben wir diesbezüglich selber schon an uns gearbeitet und können unsere Erfahrungen an unser Kind weitergeben und ihm helfen.

Richtig schwierig wird es aber erst, wenn das Kind Charaktereigenschaften zeigt, die wir für uns als „schlecht“ definieren und die wir von uns selber nicht kennen. „Woher hat es das bloß?“, fragt sich der ein oder andere Elternteil mehr oder weniger verzweifelt. „Von mir auf gar keinen Fall!“, ist sich jeder direkt sicher, um sich möglichst schnell von einem solchen Verhalten zu distanzieren. Fakt ist aber, dass jedes Kind für sich eine eigenständige Persönlichkeit ist. Das bedeutet, es ist mehr als nur eine  Mischung aus Mama und Papa. Viel mehr. Und das gilt es zu erkennen und anzunehmen. Denn nur so gelingt es, dass die Liebe auch weiterhin bedingungslos bleibt. Andernfalls versucht man nämlich, das Kind zu ändern bis es sich so verhält, wie es sich die Eltern vorstellen. Und genau da endet für mich die bedingungslose Liebe. Genau da bekommt das Kind das Gefühl, nicht gut zu sein, so wie es ist. Genau dann ist es an der Zeit, sich wirklich von seinen Erwartungen frei zu machen, einen Schritt zurück zu treten und Raum zu lassen, um zu erkennen, dass nicht das Kind das Problem ist, sondern das eigene Denken. Denn mein Denken macht die Eigenschaft meines Kindes erst zu einer „schlechten“. Meine Gedanken reden mir ein, dass es so nicht sein sollte und ich mein Kind ändern muss.

© Melanie Hänel

Schaffe ich es hingegen, mich von meinen negativen Gedanken zu lösen, kann ich erkennen, dass eine von mir als Schwäche wahrgenommene Eigenschaft meines Kindes aus einem anderen Blickwinkel betrachtet eine Stärke sein kann. So empfand ich meinen Sohn oft als „stur“, wenn er nicht auf mich gehört und stattdessen seinen eigenen Kopf durchgesetzt hat. Ich gebe zu, dass ich damit eine Zeitlang echt gehadert habe. Mein Leben wäre um Einiges leichter gewesen, wenn er einfach gemacht hätte, was ich von ihm wollte. Jedenfalls dachte ich damals so – und ließ dabei völlig außer Acht, dass mein Weg nicht sein Weg sein muss. Heute bewundere ich ihn dafür, dass er sich eigentlich von Anfang an immer gut um sich selbst gekümmert und auf sein Gefühl gehört hat, egal, was andere (einschließlich mir) von ihm erwartet haben. Eine wirklich wichtige und ganz tolle Eigenschaft, um die ich ihn inzwischen manchmal sogar beneide und die er sich hoffentlich ein Leben lang bewahrt.

Wenn ich also eins in den letzten Jahren Dank meiner Kinder gelernt habe, dann ist es Folgendes:

  • Ich alleine bestimme über meine Gedanken und Gefühle.
  • Ich habe die Macht zu jeder Sekunde des Tages, etwas anderes zu denken, zu fühlen oder anders zu handeln.
  • Nicht das Kind ist das Problem, sondern mein Denken.

Als ich das einmal verstanden und verinnerlicht hatte, wurde alles leichter. Einfach alles. Und ich konnte meine Kinder weiterhin lieben, für alles, was sie sind oder eben auch nicht.

Erkenntnis des Tages: Wahre Liebe kennt keine Bedingungen.

Ich wünsche dir von Herzen einen wunderschönen Tag mit vielen liebevollen Momenten!

Deine Franka